Bis in 19.Jahrhundert waren Begräbnisbilder vornehmlich nur dem Tod berühmter Persönlichkeiten und Staatsereignissen gewidmet. Alltägliche Bestattungen galten nicht als darstellungswürdig. Anker hat den Tod als Thematik in sein künstlerisches Schaffen mitaufgenommen und in der bürgerlich-bäuerlichen Welt dargestellt. "Am wichtigsten und einträglichsten war der Leichenkondukt. Man unterschied 'stille Leichen' und solche, bei denen Hausandacht und Gesang der Schüler gefordert wurde ... Die Zahl der Schüler wurde bestellt, sie wechselte von 6 - 16; der Küster wählte sie aus, die beiden 'Kirchendiener' waren immer dabei, so daß ich in einem Jahr wohl 20-30 Leichen habe zu Grabe singen helfen. Wir fanden uns etwa eine halbe Stunde vor dem Beginn des Akts im Trauerhause ein, ... wo der Tote, regelmäßig im noch offenen Sarg, aufgebahrt lag, und sprachen ein leises Gebet. Dann wurden wir in einen andern Raum geführt, wo Warmbier mit eingebrocktem Weißbrot auf dem Tisch stand, neben seinem Teller fand jeder einen großen Wecken, und in diesen war der Obulus für die zu erwartende Gesangleistung gesteckt, ... Vor der Ansprache des Geistlichen (der Abdankung) wurde gesungen, ebenso zum Schluß. Währenddem wurde der Sarg geschlossen und auf den bereitstehenden Wagen, den ein Nachbar stellte, getragen. Nun setzte sich der Küster oder sein Stellvertreter mit den Schülern an die Spitze des Zuges; unter Gesang wurde der Hof verlassen und auch auf dem Wege zur Kirche von Zeit zu Zeit ein Vers gesungen. Die Welt der Kinder war nicht von der Erwachsenenwelt isoliert. Der Tod wurde nicht wie heute tabuisiert, sondern als Teil des Lebens betrachtet, von dem die Kinder nicht ferngehalten wurden. Man muß bedenken, daß Kinder auf ihr späteres Leben nicht durch emotionale Zuwendung und bewußte Erziehung vorbereitet wurden, sondern daß sie durch ihre Einbeziehung in die Anforderungen und Annehmlichkeiten ihrer gesellschaftlichen Umgebung in diese Welt hineinwuchsen. Das Leben selbst war ihre Schule. (Text: Carola Held) |