Das Bild von Albert Anker zeigt eine Gruppe von Kindern im Alter von 6-10 Jahren auf einem Feldweg. Die Lehrerin befindet sich inmitten der Kindergruppe. Die Kinder, teilweise im Gespräch vertieft oder Blumen pflückend, vermitteln einen fröhlichen, unbeschwerten Eindruck.
Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß viele von ihnen selbstgepflückte Blumen mit sich führen, entweder in der Hand oder im Korb oder als Blumengeflecht auf dem Kopf. Ein Junge hält der Lehrerin voller Bewunderung seinen Blumenstrauß entgegen. Ein anderer Junge, an der Spitze der Spaziergänger zu sehen, überreicht einem Mädchen einen Blumenstrauß. Die Kleidung der Gruppe läßt auf eine ländliche Heimat schließen. Auch wenn einige Kinder keine Schuhe tragen, erkennt man keinerlei soziale Abgrenzungen untereinander.
Im Hintergrund ist eine (mittelschweizer) Landschaft erkennbar, in dieser ein See und in weiter Entfernung Berge. Auf der linken Bildseite ist ein kleines Dorf abgebildet, weiter vorne eine Bauersfrau, die etwas auf ihrem Kopf transportiert, rechts ein Bauernhaus mit Strohdach.
Schulwanderungen galten als wichtiges Bildungsmittel im 18. und 19.Jahrhundert, sie förderten die Gesundheit und durch die Natur entstanden gewinnbringende, geistige Eindrücke. Goethe: "Was ich nicht erlernt habe, das habe ich erwandert."
Der Schulunterricht wurde durch solche Wanderungen, durch das Beobachten in der Natur, belebt. Für das Landkind wirkten die Schulwanderungen bestärkend auf das Heimatgefühl und die Auseinandersetzung mit der Heimat.

"Wer kennt nicht das herrliche Gefühl der Freiheit und die Fröhlichkeit, die uns erfüllt, wenn wir alle unsere Sorgen und unsere Arbeit hinter uns lassen und hinauswandern in Gottes schöne Natur... Bedarf es da wirklich noch des Anstoßes, das Bündel zu schnüren und hinaus ins Freie zu ziehen? Nein - für die, die Wald und Flur kennen und lieben gelernt haben, gewiß nicht; sie lockt der helle Sonnenschein und der blaue Himmel von selbst hinaus in ihrer freien Zeit. Aber groß, leider nur zu groß ist die Zahl derer, die in den großen Städten wohnen und kaum wissen, wie es auf dem Felde oder im Walde aussieht, und die glauben, für sich und ihre Gesundheit schon ein Übriges getan zu haben, wenn sie am Sonntag in den Straßen und auf den freien Plätzen oder in den Anlagen der Stadt sich ergehen."
"Besonders der Städter sieht und hört immer Neues und wird auf Neues aufmerksam, der Geist der Kinder wird zum Nachdenken angespornt und spielend erlernen sie durch den beständigen Anschauungsunterricht ihnen bisher Unbekanntes, was ihnen in der engen Schulstube trocken und langweilig erscheint."
(Wagner, Max: Hygienischer Wert der Kinder-Wanderungen. In: Ortsgruppe Leipzig des Deutschen Vereins für Volkshygiene (Hg.): Unsere Großstadtjugend in Flur und Wald. Leipzig 1908, S.14 und 18)

Für das Stadtkind, das nur wenig Kontakt zur Natur hatte, dessen Leben sich oft in schlechten Wohnverhältnissen, in dunklen, schmutzigen Hofräumen, umgeben von hohen Mauern, abspielte, waren solche Schulwanderungen von großem Vorteil. Denn die naturgeschichtlichen Bücher konnten die Beobachtungen und Anschauungen in der realen Natur nicht ersetzen. Sie boten keinen Ersatz für die Wirklichkeit.
Darüber hinaus boten die Schulwanderungen Bereicherung im sozialen Umgang miteinander, wovon Lehrer und Schüler profitierten. Das bessere gegenseitige Kennenlernen, ohne Zwang und Druck, wurde ermöglicht. Die Erziehung zur Selbständigkeit, besonders der selbständigen auf Erfahrung beruhenden Meinungsbildung wurde gefördert. Außerdem wurde die Erholung in der Natur bewußt erlebt, besonders bei den Stadtkindern, bei denen der Stellenwert der Natur von geringerer Bedeutung war als bei den Landkindern. Turnvater Jahn sagte dazu schon:

"Die Wanderfahrt ist die Bienenfahrt nach dem Honigtau des Erdenlebens. An lieblichen Erinnerungen, seligen Gefühlen, würdigen Gedanken und huldvollen Augenblicken überladet sich keiner. Zu viel trägt man nicht ein. Sitzleben und Heimbleiben will was zu zehren haben."
(August Lomberg: Exkursionen, Schulwanderungen. In: Wilhelm Rein (Hg.): Encyklopädisches Handbuch der Pädagogik. 2.Band. Langensalza 1896, S.122)
(Text: Claudia Kozycki-Deppe)