Das Bild von Ludwig Knaus zeigt eine kleine Trauergemeinde, die sich auf dem Hof eines bäuerlichen Anwesens versammelt hat, um an einer Beerdigung teilzunehmen. Zu dieser Trauergemeinde gehören auch der Dorfschullehrer und dessen Schüler, die bei solchen Anlässen zu singen hatten. Frierend warten sie auf das Zeichen des Leichenbestatters, um mit dem Gesang zu beginnen.
So gehörte es zu den Aufgaben des Lehrers
"die Schuljugend zu überwachen und bei Verfehlungen zu rügen oder zu strafen, durch Holzlesen und Kurrendesingen zum Schulunterhalt beizutragen, bei der Ernte zu helfen, Maikäfer und andere Ernteschädlinge zu vernichten, öffentliche Feste mitzugestalten, Ehrentage zu verschönern und Ehrengäste zu würdigen, Prozessionen anzuführen und dabei das Federvieh zu verscheuchen, den Kirchengesang zu bestreiten, bei Hochzeiten und Kindstaufen den Chor zu stellen und Leichen ins Grab zu singen."
(Schiffler/Winkeler: Tausend Jahre Schule. Stuttgart/Zürich, 4.Aufl.1994, S.119)
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Manche dieser Pflichten mögen den Kindern und Lehrern Freude gemacht haben, aber daß diese Schulpflichten auch unangenehm sein konnten, zeigt die von Ludwig Knaus gemalte Szene.
Die bisher beschriebenen Aufgaben der Schule betrafen den Bereich des öffentlichen Lebens innerhalb der Gemeinschaft des Dorfes. Der Dorfschullehrer selbst mußte noch einer Fülle weiterer Aufgaben gerecht werden, die in der "allgemeinen Dienstinstruction für Landschullehrer" von 1822 beschrieben werden. Diese Dienstanweisung regelt den Aufgabenbereich des Lehrers innerhalb der Kirchengemeinde. Die Landschullehrer waren den Ortspfarrern unterstellt und hatten daher ihren Unterricht mit denselben abzusprechen. Auch im Gemeindeleben hatte der Lehrer Pflichten zu versehen, welche durch die Dienstinstruktion geregelt wurden:
"14. Er leitet den Kirchengesang und hat, wo kein besonderer Organist angestellt ist, auch die Orgel zu spielen, und zwar nicht auf eine weltliche, unkirchliche Art, sondern mit geistlichem Sinn, auf daß die Gemeinde dadurch erbaut werde.
15. Er führt die Kirchenmusik auf und hat den vorhandenen Chor unter seiner Leitung. Ist neben ihm ein besonderer Organist angestellt, so hat dieser mit der Orgel die Kirchenmusik zu unterstützen."
(Scheibe, Wolfgang (Hg.): Zur Geschichte der Volksschule, Bd. 2. 2.Auflage 1974, S.11f.)
Zu den Pflichten der Lehrer gehörten außerdem der Kirchenbesuch in schwarzer Amtskleidung, das Aushängen oder Anschlagen der Gesangbuchnummern in der Kirche vor dem Gottesdienst, und die Beaufsichtigung der Schüler im Verlauf desselben. Da diese Aufgaben sich mit denen eines Küsters decken, wird der Dorfschullehrer im 19. Jahrhundert oft als "Küsterlehrer" bezeichnet.
(Text: Christiane Hohn)
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