Das Bild von Ostade zeigt das Innere eines Schulraums. Schulische Utensilien wie Federkiele und Tafel weisen den Raum als Schule aus; vermutlich ist es die Wohnung des Lehrers. Der Schulmeister, ein alter Mann mit Krückstock, in einem Stuhl sitzend, examiniert gerade einen eingeschüchterten Jungen, der wohl beim Abhören seiner Aufgabe den Lehrer nicht zufriedengestellt hat. In der rechten Hand hält er drohend einen Löffel, der zur Züchtigung der Schüler dient. Obwohl der alte Mann sehr gebrechlich erscheint, zeigen die Schüler Respekt vor ihm, denn die drei Jungen vor ihm haben alle ihre Kopfbedeckung abgenommen.
Im Hintergrund und in der linken Bildhälfte sieht man teils nur schemenhaft Kinder schreiben oder lesen. Vor dem Schulmeister in der rechten Bildhälfte haben sich drei Kinder mit Büchern auf eine Treppe gesetzt. Ein Kleinkind, vielleicht zwei Jahre, sitzt zu Füßen des Lehrers auf dem Boden. Es hat auch schon ein beschriebenes Täfelchen neben sich liegen. Zwei Kinder im Raum sind nicht mit Schulaufgaben beschäftigt. Ein Junge im Hintergrund schaut aus dem Fenster, wohl meinend, daß der Lehrer ihn aufgrund einer Bretterwand nicht sehen kann. Ein anderer Junge trägt vom Dachboden kommend einen Weidenkorb die Treppe herunter.
Das Bild zeigt eine ruhige und arbeitssame Szene. Der Lehrer ist wohl streng, aber er macht nicht den Eindruck eines außerordentlich strengen Erziehers. Das Licht beleuchtet den Schulmeister und die Schülergruppe vor ihm. Sie bilden den Mittelpunkt, wobei der Schulmeister die zentrale Person, die "beherrschende" Figur im Raum ist. Es herrscht Autorität durch den Lehrer, der wie ein alter Gelehrter und daher auch kompetent wirkt. Der Hintergrund des Bildes ist düster, so daß die Gestalten der meisten Schüler nur schemenhaft zu erkennen sind. Auffallend für den heutigen Betrachter sind die unkindlichen, fast gnomenhaften Gesichter der Kinder. Die Gesellschaft des 17. und 18. Jahrhunderts betrachtete Kinder zu dieser Zeit noch nicht als eigenständige Persönlichkeiten, sondern als "kleine Erwachsene".
In Holland interessierte man sich nachdrücklich für die Erziehung des Kindes. Als beliebtes Thema wurde es daher in der holländischen Genremalerei verwendet. Ostade malte häufig Szenen aus dem bäuerlichen Leben. Auch das vorliegende Bild könnte dazu gehören. Die Kinder sind jedenfalls sehr einfach gekleidet und der Schulraum ist nur spärlich eingerichtet. Die hier dargestellte Schule läßt auf eine private Schule schließen. Diese Schulen waren oft illegal, d.h. ohne staatliche Konzession. Sie wurden abwertend Klippschule, Winkelschule, Beischule oder Nebenschule genannt, da sie nebenberuflich betrieben wurden, in der eigenen Wohnstube des Lehrers, in Scheunen usw. Der Leiter einer privaten Schreibschule war oft nur ein gewerbsmäßiger Schreiber, also ein Laie, auch wohl ein ehemaliger Geistlicher oder herabgekommener Student.

"Die im privaten Schulbereich tätigen Lehrer hatten in der Regel keine auf dieses Amt abgestimmte Ausbildung. Sie übernahmen die Aufgabe des Lese-, Schreib- und bzw. oder Rechenunterrichts in der Regel in Verbindung mit einer anderen Berufstätigkeit."
(Kirk, Sabine: Unterrichtstheorie in Bilddokumenten des 15. bis 18. Jahrhunderts. Hildesheim 1988, S.290)
(Text: Carola Held)